Freising/ Auf ihrem Kreisparteitag am 22. September 2010 im Gasthof zum Löwen setzten sich die Mitglieder des FDP-Kreisverbands Freising mit aktuellen Themen aus der Bundes- und Kommunalpolitik auseinander. Als prominenten Gast konnte FDP-Kreischef Dr. Peter Siemsen diesmal den Bundestagsabgeordneten und Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Dr. Max Stadler, begrüßen. Dieser berichtete über die Reform der Sicherungsverwahrung, die Herausforderungen beim Datenschutz, die angestrebte Neuregelung zur elterlichen Sorge und den juristischen Klärungsbedarf zur Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken.
Den aktuellen Beschlussstand zur Sicherungsverwahrung bezeichnete Stadler als liberale Lösung, die ein rechtsstaatliches Verfahren und bestmöglichen Schutz der Bürgerinnen und Bürger vereint. Notorisch gefährliche Schwerverbrecher sollen durch Anwendung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung bereits bei der Verurteilung als solche erkannt werden. Die Richter müssen hierbei zum Zeitpunkt des Strafverfahrens beurteilen, ob es nach der Haft wieder zu Straftaten kommen kann. Für so genannte „Altfälle“, die nach 10 Jahren Sicherungsverwahrung entlassen wurden, ist eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anzuwenden. Die hierdurch mögliche lückenlose Überwachung hätte auch abschreckende Wirkung, so Stadler, da den Tätern bei erneuter Straffälligkeit lebenslange Haft drohe. Zur Verbesserung des Datenschutzes im Bereich der elektronischen Medien befürwortet der Bundestagsabgeordnete die Einrichtung einer Datenschutz-Stiftung, die nach dem Vorbild der „Stiftung Warentest“ Bewertungen und Zertifizierungen durchführt. Bezüglich der Umsetzung von Maßnahmen werde der Austausch mit anderen EU-Mitgliedstaaten intensiviert, erklärte er im Zusammenhang mit der Diskussion um Google-Street-View. Bei der Regelung der elterlichen Sorge spricht sich Stadler für eine rechtliche Gleichstellung nicht verheirateter Eltern aus. Im Rahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Energiekonzepts trete die FDP für eine maßvolle Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke ein, als Brücke hin zu regenerativen Energien. Deren vorrangige Einspeisung sei weiterhin gewährleistet. Ob die Laufzeitverlängerung eine Zustimmung des Bundesrats benötige, müsse nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden, so Stadler.
Im darauf folgenden Tagesordnungspunkt stellte Siegfried Hartmann einen Antrag zur Förderung der Elektromobilität vor, der gemeinsam von den FDP-Kreisverbänden Freising und Weilheim sowie dem zuständigen Landesfachausschuss für Wirtschaft, Finanzen und Technologie erarbeitet wurde. Darin fordert die FDP die Bundesregierung auf, durch den Wegfall von Steuern, die Einführung von Elektrofahrzeugen als privat genutzte Geschäftsfahrzeuge schneller zu ermöglichen. Durch Abschaffung der Versteuerung von Fahrten zum Arbeitsplatz, Ladekosten und geltwertem Vorteil für Geschäftswagen würde der höhere Anschaffungspreis von Elektrofahrzeugen spürbar reduziert und deren Markteintrittsbarriere gesenkt, erklärte Hartmann das Antragskonzept. FDP-Kreischef Siemsen bezeichnete den Antrag als richtigen Impuls zur nachhaltigen Umsetzung der Elektromobilität. Der Beschluss zur Einbringung des Antrags auf dem Landesparteitag der Liberalen am 25. September in Kulmbach erfolgte einstimmig.
Weiterer Tagesordnungspunkt war die Wahl der Delegierten für Bezirks- und Landesparteitag. In geheimer Wahl wurden Dr. Peter Siemsen, Siegfried Hartmann, Dr. Martin Alberti, Susanne Hartmann und Anna Maria Sahlmüller für den Bezirksparteitag bestellt. Für den Landesparteitag schenkten die Mitglieder Dr. Peter Siemsen, Siegfried Hartmann, Dr. Martin Alberti, Dr. Beatrice Siemsen und Anita Salzbrunn ihr Vertrauen. Anschließend wandten sich die Liberalen der Kommunalpolitik zu. Die Sprecherin der FDP-Kreistagsfraktion Ingrid Funke ging schwerpunktmäßig auf die Realschulsituation im Landkreis ein. Laut Gutachten, das dem Kreistag und den zuständigen Ausschüssen vorgelegt wurde, läge der größte Bedarf in Freising und Eching. „Ein Realschulneubau im Landkreisnorden war daher keine entscheidungsfähige Option“, erklärte Funke. Der auf Initiative der FDP erreichte Kreistagsbeschluss zur vorrangigen Prüfung eines Kooperationsmodells zwischen den Schulstandorten Au und Nandlstadt bezeichnete sie als richtige Entscheidung. Die heutige Hauptschule in Au würde dabei in eine zweizügige Realschule umgewandelt und die Hauptschüler nach Nandlstadt umgeleitet. Durch die Kooperation könnten beide Schulstandorte erhalten und ein qualitativ hochwertiges Bildungsangebot für Haupt- und Realschüler im Landkreisnorden geschaffen werden, fügte Siemsen hinzu. Zusammen mit seiner Fraktionskollegin Anna Maria Sahlmüller hatte er zu Jahresbeginn einen parteiübergreifenden Planungskreis ins Leben gerufen, um in enger Abstimmung mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden in der Hallertau dieses Konzept zu erarbeiten. Für die neu zu bauende Realschule favorisiert die FDP-Kreistagsfraktion eindeutig Freising als Standort. „Das macht angesichts der prognostizierten Schülerzahlen am meisten Sinn“, erklärte Fraktionssprecherin Funke. Die Stadt habe hierfür bereits Grundstücke angeboten, ergänzte Sahlmüller. Diese hielt anschließend ein feuriges Plädoyer für den Erhalt der bayerischen Hauptschulen. Es gelte, substantielle Begabungen zu fördern. „Wir brauchen nicht nur Akademiker, sondern auch hochbegabte Handwerker und Facharbeiter, um die technische Infrastruktur in unseren Hochschulen und der Industrie auf einem hohen Qualitätsniveau zu halten“, betonte die Kreisrätin. Es gelte zu verhindern, dass sich die Hauptschule zu einer „Bankrotterklärung“ der Bildungspolitik entwickle. Das Kooperationsmodell sei dabei die richtige Lösung, um dem Hauptschulsterben im Landkreisnorden wirkungsvoll zu begegnen, erläuterte Sahlmüller und dankte dem FDP-Kreisvorsitzenden Dr. Peter Siemsen für seinen unermüdlichen Einsatz in dieser Angelegenheit.
Dieser widmete sich abschließend den Herausforderungen im Landkreis Freising. Unter dem Titel „Stärkung des ländlichen Raums“ präsentierte er das Ergebnis einer Bürgerbefragung zur Landkreisinfrastruktur, die von der Kreis-FDP im März 2010 durchgeführt wurde. Das Angebot des ÖPNV werde von vielen Bürgern als schlecht empfunden, ebenso wie die Breitbandversorgung und große Teile des Verkehrswegenetzes. Ebenfalls negative Benotungen gab es bei der Emissionssituation: Neben dem Flughafen sei hier vor allem die Lärmsituation der Gemeinden an der A9 genannt worden. Die Sicherstellung einer wohnortnahen Schulversorgung im ländlichen Raum bei gleichzeitiger Vermeidung von Kapazitätsengpässen in den südlichen Verdichtungsgebieten bezeichnete Siemsen als eine der zentralen Herausforderungen. Gleichzeitig gelte es, Standortnachteile im Bereich der Wirtschaftsansiedlung, wie beispielsweise unzureichende DSL-Versorgung, zu beseitigen. Dabei dürften aber auch die Stärken des ländlichen Raums nicht vergessen werden: Tourismus sei als nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor zu fördern. Hier biete beispielsweise die Hallertau hervorragende Möglichkeiten auch für gesundheitsorientierte Aktivurlaube, erläuterte der FDP-Kreisrat. Als wichtige Zukunftsthemen für den Landkreis nannte er die Sicherstellung einer umweltfreundlichen Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen und die Bereitstellung von umwelt- und familienfreundlichen Mobilitätsangeboten. Für eine harmonische und nachhaltige Weiterentwicklung der Landkreisinfrastruktur sei die Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Gemeinden dringend zu stärken. Letzteres erfordere die Abstimmung von Entwicklungsplänen und eine klare Festlegung der Kompetenzen von Kreis und Gemeinden. „Unser Landkreis ist kein homogener Raum. Politik für den ländlichen Raum im Kreis Freising heißt Vielfalt gestalten“, lautete das abschließende Resümee des FDP-Kreischefs.